Die aktuelle Elterngeneration nutzt sie selbst oft und gerne: TikTok, Instagram, WhatsApp, Netflix und Co. Bildschirmmedien und soziale Medien sind längst wichtiger Bestandteil unseres Alltags geworden. Du triffst Verabredungen per WhatsApp, bewirbst den Kindergartenbasar bei Facebook, führst Online-Meetings und schaltest abends beim Streamen der aktuellen Lieblingsserie ab. Doch wenn der Medienkonsum von Kindern zur Debatte steht, tritt vielen Eltern die Panik in die Augen. Ist mein Dreijähriger noch zu jung für Medienkonsum? Und wie viel ist zu viel?
Was tun, wenn der Teenager am liebsten nur noch vor dem PC sitzt? Letztlich ist der richtige Umgang mit den Medien ein Lernprozess – für die Kinder und die Eltern.
Die Sache mit dem Medienkonsum
In den meisten Elternköpfen ist es tief verwurzelt, dieses Bullerbü-Kindheitsideal.
Die Kinder spielen draußen, bis es dunkel wird, bei Sonne, Regen oder Schnee. Dann kommen sie hungrig und angefüllt mit Abenteuern nach Hause und fallen selig und hundemüde ins Bett. Fernseher, PC und Smartphone spielen bei der Vorstellung der perfekten Kindheit für die wenigsten eine Rolle.
Interessanterweise wird dieses Ideal ausgerechnet durch die sozialen Medien befeuert. Auf den Eltern-Blogs und Instagram-Accounts mit beliebten Hashtags wie #unseralltagistihrekindheit, #familienleben und #slowliving sind Kinder in senffarbenen Strickteilchen pittoresk in sanftem Licht auf Wiesen stehend zu sehen.
Da wird mit Naturmaterialien gebastelt und durch den Wald spaziert. Und die Sehnsucht wird groß – nach diesem idyllischen und scheinbar medienfreien Leben. Dabei steht hinter jedem Kind auf Instagram ein Elternteil mit Smartphone in der Hand.
Ganz klar, Kinder benötigen vorwiegend: soziale Kontakte, andere Kinder, ganz viel Liebe und Geduld, Zeit im Garten, auf dem Spielplatz und in Wald und Wiesen.
Und: Kinder müssen sich auch einmal langweilen dürfen, um eigenständig neue Ideen zu bekommen. Dass ein Kind nicht den halben oder ganzen Tag vor dem Fernseher geparkt werden sollte, versteht sich von selbst. Und wenn der Teenager nur noch mit Blick auf das Smartphone durch die Welt geht, ist das kaum begrüßenswert.
Doch das andere Extrem ist es, den Medienkonsum ganz zu unterbinden.
Denn zum einen machen Verbote die Dinge erfahrungsgemäß besonders interessant. Zum anderen kannst Du auf Dauer ohnehin nicht vermeiden, dass Dein Kind früher oder später mit Bildschirmmedien in Kontakt kommt. Und dann ist es wichtig, dass Du als Elternteil Deine Hausaufgaben gemacht hast, sprich: Dein Kind in die Welt des Internets und der sozialen Medien so eingeführt hast, dass es weiß, wie es sie vernünftig und sicher nutzen kann.
Ein maßvoller und gesunder Umgang mit Bildschirmmedien ist gefragt. Doch wie kannst Du diesen für Dein Kind erreichen?
Pragmatismus und gesunder Menschenverstand
Du wirst sicher schon die Zahlen gehört haben, die Kinderärzte und Studien in puncto Medienkonsum empfehlen.
Kleinere Kinder ab drei Jahren sollten nicht mehr als 15 Minuten vor dem Bildschirm verbringen. Kinder im Grundschulalter sollten das Web höchstens 30 Minuten nutzen. Neunjährige dürfen 45 Minuten täglich im Web unterwegs sein und für 12-Jährige wird eine Stunde Medienkonsum empfohlen.
Doch diese Zahlen sind natürlich nur Richtwerte.
Die 20 Minuten dauernde Folge Paw Patrol fünf Minuten vor Ende abzubrechen, erscheint wenig sinnvoll. Und wenn der Zwölfjährige abends nach dem Fußballtraining noch einen 90-Minuten Film schaut, wird ihm das langfristig keinen schwerwiegenden Schaden zufügen – vorausgesetzt, die Inhalte stimmen.
Viel wichtiger ist: Während Du bei jüngeren Kindern die Regeln für die Medienzeit allein bzw. mit dem anderen Elternteil aufstellst, gilt es ältere Kinder nach und nach selbst in die Verantwortung zu nehmen.
Vereinbare mit einem Kind ab etwa zehn Jahren eine wöchentliche Zeit für die Mediennutzung, die es sich frei einteilen darf. So lernt Dein Kind, mit seinen „Medienressourcen“ zu haushalten und eigenständig ein Maß zu finden.
Gute Medien, schlechte Medien?
Der Begriff „Medien“ wird heutzutage meist mit dem Begriff „Bildschirmmedien“ synonym gebraucht – und gern verteufelt.
Dabei sind Bücher und Zeitschriften ebenfalls Medien. Und während manch ein Elternteil damit kokettiert, wenn der Nachwuchs den ganzen Tag zu Hause sitzt und liest, würde niemand gerne zugeben, wenn das Kind den halben Tag vor dem PC sitzt. Dabei liest der Bücherwurm vielleicht immerzu Vampir-Love-Stories, während sich der PC-Fan gerade selbst das Programmieren beibringt.
Letztlich ist es wie meist im Leben. Es kommt auf die Inhalte an, auf den Umgang und die Nutzung. Ein Medium ist nicht per se gut oder schlecht.
Die Vorteile Sozialer Medien
Vor allem die sozialen Medien und das Surfen im Internet besorgt viele Eltern.
Und tatsächlich lauern hier zahlreiche Gefahren. Es gibt aber auch einige Vorteile. Und ob es gefällt oder nicht, die sozialen Medien sind für Jugendliche ein wichtiger Bestandteil des Heranwachsens geworden.
Hier finden sie in gewisser Hinsicht heraus, wer sie sind und was sie mögen. Sie beobachten, was ihre Freunde machen, teilen Dinge, die sie gut und wichtig finden, probieren sich kreativ aus und erfahren die Reaktionen darauf.
Weiterhin können durch die sozialen Medien Kontakte in alle Welt aufgebaut werden. Was früher mühselig durch eine Brieffreundschaft erfahrbar wurde, geht heute ganz nebenbei durch Instagram oder TikTok.
Surfen – aber sicher
Halte Dein Kind also nicht von den negativen Seiten der sozialen Medien und des Internets fern, indem Du Verbote aufstellst.
Schütze Dein Kind lieber angemessen und bringe ihm bei, sich selbst zu schützen. Zu diesem Zweck greifen bei den ersten eigenständigen Schritten im Netz zunächst technische Hilfsmittel wie die Aktivierung von Sicherheitseinstellungen und die Installation von Jugendschutzprogrammen.
An diese Punkte solltest Du dabei denken:
- Verzichte darauf, Zahlungsinformationen auf dem vom Kind genutzten Endgerät zu hinterlegen
- Schalte die Standortermittlung aus
- Installiere eine Jugendschutz-App
- Nutze gerät-eigene Sicherheitseinstellungen und den integrierten Kindermodus
Linktipp: So baust Du eine Kindersicherung in Dein iPad ein, die wirklich hilft.
Interesse zeigen und begleiten
Eines Tages werden die technischen Schutzmauern fallen.
Spätestens dann, wenn Dein Kind Dich mit technischem Wissen überholt. Und wenn im Freundeskreis Deines Kindes die ersten eigenen Smartphones auftauchen, ist reden, erklären, aufklären gefragt.
Erkläre Deinem Kind beispielsweise, was Cybermobbing ist und worauf es achten sollte, wenn es mit anderen im Web kommuniziert. Ganz wichtig ist, dass Du immer wieder betonst, wie leicht es ist, im Internet die Realität zu verzerren.
Dein Kind muss lernen, alles zu hinterfragen, was es im Netz sieht und liest.
Und es ist wichtig, dass Du am virtuellen Leben Deines Kindes genauso viel Interesse zeigst, wie an seinen Freundschaften und Aktivitäten in der „realen“ Welt. Denn seien wir ehrlich. Die virtuelle Welt ist längst ein Teil des realen Lebens. Wenn Dein Kind gerne Videos postet, frage nach, ob Du sie sehen darfst. Frage nach, was gerade die neuesten Trends in den sozialen Medien sind und wenn Du darfst, spiele auch einmal das aktuelle Lieblingsspiel an PC oder Smartphone mit.
Auf diese Weise bleibst Du auch auf dem Laufenden, was die neuesten Begriffe im Netz angeht. Dann stehst Du nicht auf dem Schlauch, wenn Dein Kind auf Deine WhatsApp schlicht mit „idk“ (I don’t know) antwortet oder mit seinen Freunden beim Zocken „ooc“ (out of character) kommuniziert.
Fazit
Regeln aufstellen, Vereinbarungen treffen, auf Inhalte achten, erklären, aufklären, Interesse zeigen – dies sind die wichtigsten Schritte, die Du mit Deinem Kind gehen musst, um ihm ein maßvolles und gesundes Verhalten in Bezug auf seinen Medienkonsum beizubringen. Und für Dich – wie für die meisten Eltern – ist sicher der schwerste Schritt von allen: loslassen lernen. Vertrau Deinem Kind und auf das, was Du ihm mit auf den Weg gegeben hast.