Die Diskussion um das liebe Smartphone für Kinder – ab wann macht das Sinn? Sofort, wenn Du Deine Kinder fragst – später, wenn Du Deinen Bauch und Deinen Geldbeutel fragst. In diesem Artikel wollen wir das versuchen zu klären. Du erfährst die falschen Gründe für ein Smartphone aber auch ein paar gute Gründe. Und aus diesen kannst Du Dir dann die Frage selbst beantworten, ab wann ein Smartphone für Deine Kinder sinnvoll ist.
Seitdem Florentine 7 Jahre alt ist, spielt sich zu jedem Geburtstag, Weihnachten, Ostern und wann immer es sonst noch Grund für Geschenke gibt, das gleiche Spiel ab. Auf der Wunschliste steht ganz oben – ein eigenes Handy.
Natürlich darf es nicht irgendein Handy sein. Ein Smartphone muss natürlich her.
„XYZ hat auch schon seit der 2. Klasse ein iPhone …“ – das ist die alles erklärende Begründung für diesen Wunsch. Gar nicht so unüblich für die 3. Klasse. Immerhin haben laut einer Statistik schon über 30 % der Drittklässler ein eigenes Smartphone.
Jetzt halte ich mich für modern und neuen Technologien aufgeschlossen (immerhin bin ich Twitternutzer Nr. 8.517.622). Und dennoch finde ich das mit 8 Jahren zu früh. Mir geht es da, wie vielen anderen Eltern auch. So ein Smartphone ist ein Stück weit das Tor ins große, weite Web mit all den komischen Figuren, die sich dort aufhalten.
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What´s App, Instagram und Co. sind kein Ort, an die ich meine Kinder zu früh und vor allem unbegleitet lassen möchte. Und da können mir jetzt alle mit den tollsten Handy-Regeln kommen, wie sie möchten. Wenn die Kids ein Smartphone haben, fehlt uns die Kontrolle. Wer sich das nicht eingesteht, verschließt die Augen vor der Realität.
Ab wann können Kinder ein Smartphone haben?
Welches Alter ist das richtige für ein eigenes Handy, bzw. Smartphone? Wenn Dein Kind in der 2. oder 3. Klasse ist, drängt sich Dir diese Frage früher oder später auf.
Ich habe nicht die Antwort. Ich habe aber meine Antwort und die möchte ich gerne mit Dir teilen und diskutieren.
Die falschen Gründe Kindern ein Smartphone zu kaufen.
Aus meiner Sicht der Dinge gibt falsche Gründe, warum Dein Kind ein Smartphone haben sollte und gute Gründe. Fangen wir mit den falschen Gründen an:
Andere haben es auch
Kein Kind wacht morgens auf und denkt sich, „Mensch, wenn ich nur ein eigenes Handy hätte, dann könnte ich…“. Meist wächst der Wunsch, wenn ein Freund, eine Freundin oder jemand anderes im Freundeskreis den Anfang macht. Dann geht die Bedarfskurve von 0 auf 1.000 in wenigen Millisekunden. Das Leben ohne Handy ist nicht mehr lebenswert.
Ich denke oft an meine Eltern, wenn ich gebetsmühlenartig den Satz wiederhole „nur weil es die anderen haben, brauchst Du es doch nicht automatisch auch …“. Wie habe ich mir früher geschworen, dass ich das niemals sagen werde.
Wir haben dieses Thema bisher damit umschifft, dass wir uns auf die Frage konzentriert haben, was sie denn nun wirklich damit machen möchte. Schnell war klar, dass es um drei Anwendungsbereiche ging, die das Fieber für ein Smartphone (neben dem „… die anderen …“) ausgelöst haben:
- Fotos machen
- Musik hören
- Apps und Spiele nutzen
Als dieses Feld klar abgesteckt war, konnten wir mit einem iPod Touch erstmal für ein bisschen Linderung sorgen.

Weiterführende Schule
Oftmals lese ich im Netz, dass der Schulwechsel ein beliebter Grund ist, ein Handy anzuschaffen. Klar, als Fünftklässler hat man ein gewisses Alter aber ist das nicht auch nur „die anderen haben auch eins“ in einer Hülle, die wir Eltern besser vor uns verargumentieren können?
Was ist der wirkliche Grund, warum ein Kind in der weiterführenden Schule (wo Handys meist ohnehin verboten sind oder gar mit Störsendern außer Funktion gesetzt werden) ein Handy braucht?
Es gehört einfach dazu
Ja, ein Handy gehört heute zum Leben dazu. Jeder hat eins und berührt es im Schnitt 2.600 Mal pro Tag. Wenn Dein Kind aber ein Handy bekommt, weil es einfach so dazu gehört, woher lernt es dann den verantwortungsvollen Umgang? Wenn Du Deinem Kind ein Smartphone kaufst, weil es einfach nur dazu gehört, erziehst Du dann nicht nur einen weiteren Zombie mit drohendem Halswirbelproblemen, der gegen Laternen läuft, den Straßenverkehr gefährdet und dessen Gesicht im Alltag kaum sichtbar, weil ständig in Richtung Handy gerichtet ist?
Gute Gründe für ein Smartphone für Kinder
Neben den 3 schlechten Gründen, gibt es aber auch drei, wie ich finde, gute Gründe warum Kinder ein Smartphone haben sollten.
Schulweg
Statt pauschale Gründe und Altersgrenzen zu setzen, finde ich es viel schlauer, Anwendungsbereiche als Entscheidungskriterium pro oder kontra Handy zurate zu ziehen.
Wenn beispielsweise der Schulweg lang ist und das Risiko beinhaltet, dass ein Zug oder Bus verpasst wird, halte ich ein Handy auf jeden Fall für sinnvoll. Ob es gleich ein Smartphone sein soll, das bleibt hier erstmal dahingestellt.
Erweiterter Aktionsradius
Klingt sperrig ist aber ab dem 8. – 9. Lebensjahr unvermeidlich. Die Kinder fahren mal mit dem Rad zu einem Freund, zum Sport oder bleiben einen ganzen Nachmittag weg.
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Du brauchst nicht zur Helikopter-Eltern Fraktion zu gehören, um es beruhigend zu finden, dass Du Dein Kind einfach mal anrufen oder ihm eine Nachricht schicken kannst, um Dich nach dem rechten zu erkundigen.
Es gehört einfach dazu
Und ja, es ist wohl auch so, dass es einfach zum Leben dazu gehört. Du kannst Dein Kind nicht ewig von einem Smartphone fernhalten. Sollst Du auch gar nicht.
Doch statt Dich einfach dem Trend geschlagen zu geben und ein Telefon zu kaufen, damit Du Deine Ruhe hast, halte ich es für viel sinnvoller den Umgang mit dem Medium gezielt zu steuern. Medienkompetenz ist hier das Stichwort.
Wir versuchen die Kinder seitdem sie in der Schule sind, an den richtigen Umgang mit Medien heranzuführen. Sie dürfen unbeobachtet YouTube Videos schauen, wissen aber, dass wir den Verlauf kontrollieren könnten und besprechen mit ihnen, warum bestimmte Videos nicht gehen.
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Sie dürfen unsere Smartphones nutzen, wenn sie Ihren Freunden schreiben möchten (via der Smartphones derer Eltern). Dabei vermitteln wir, dass es ein Kommunikationsweg ist und nicht der Kommunikationsweg.
Wir setzen darauf offen darüber zu sprechen, dass es komische Sachen „da draußen gibt“, um eine Sensibilisierung hinzubekommen, die später einmal die Alarmglocken schrillen lassen, wenn virtuelles Mobbing oder Gewaltvideos auf dem Schulhof die Runde machen.
Wir sind uns dessen wohl bewusst, dass unsere Kinder einen ganz anderen Bezug zu diesen Medien haben, als wir. Sie kennen kein Leben ohne Internet und das Kommunikationsverhalten von diesen „Digital Natives“ ist grundlegend anders als unseres. Wir müssen das nicht verstehen aber sollten es akzeptieren und respektieren.

Aber wie erkläre ich es meinem Kind?
All die guten und schlechten Gründe für ein Smartphone sind prima. Doch was helfen sie Dir, wenn Dein Kind vor Dir steht und zum 100sten Mal die Diskussion anfängt, warum ein Leben ohne Handy nun wirklich nicht mehr geht?
Wie so oft ist hier die Wahrheit die beste Strategie.
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Wenn der Grund, warum Du noch nicht ganz mit der Idee warm wirst, die Sorgen und Bedenken vor den Folgen, möglichen Kosten und Risiken sind, dann besprich diese mit Deinem Kind.
Mach Deinen Standpunkt klar, warum Du es noch zu früh findest, welches Alter Du für geeignet hältst und warum. Oder handelt einen Kompromiss aus, der Deine Sorgen reduziert und Deinem Kind dennoch seinen sehnlichsten Wunsch erfüllt. Die erweiterten Sicherheitseinstellungen, die in jedem Smartphone heute einstellbar sind, wäre eine Idee für einen solchen Kompromiss.
Und jetzt?
Klar willst Du, genau wie ich, Dein Kind behüten und von Gefahren der realen wie virtuellen Welt schützen. Aber wahrscheinlich willst weder Du noch ich das schaffen, in dem wir unsere Kinder in einem gläsernen Turm isolieren.
Am Ende kann ein Smartphone für Dein Kind auch etwas sein, durch das es lernen kann. Es lernt Verantwortung für sein handeln zu übernehmen. Du schenkst ihm Dein Vertrauen darin, dass es sich an die Abmachungen und Werte hält, die Du ihm vermittelt hast.
Wir haben für uns entschieden, dass die Kinder ein Handy bekommen, wenn Sie die weiterführende Schule besuchen. Aber nicht, weil sie die Schule wechseln, sondern weil dieser Schulwechsel bedeutet, dass sie in eine andere Stadt fahren müssen. Sie sind von morgens 7 bis Nachmittags um 16 Uhr weg und haben verschiedene Busfahrpläne, die sie zur Schule hin und wieder zurückbringen werden.
Linktipp: Erziehungsstil – welche gibt es und welcher passt zu Dir?
Wir sind ziemlich zuversichtlich, dass unsere bisherige Medienerziehung die richtigen Werte vermittelt hat, sodass wir uns auf dieses Abenteuer einlassen werden.
Wann bekommt Dein Kind sein eigenes Smartphone?
Hallo Andreas.
Danke für den tollen Artikel. Das ist ein Thema, das mich als Vater einer 4-monatigen Tochter bereits heute beschäftigt. Es gibt ja nicht „den“ richtigen Zeitpunkt und Medienkompetenz ist, wie du geschrieben hast, das Schlüsselwort auch meiner Meinung nach. Ich sehe es an mir selbst, wie abhängig man von so einem Gerät werden kann. Ein bewusster Umgang ist daher Voraussetzung, dass ich meiner Tochter eins kaufen werde. Wann das genau sein wird, steht noch in den Sternen. 🙂
Danke, dass Sie erklärt haben, wann es für ein Kind der richtige Zeitpunkt ist, ein Smartphone zu besitzen. Ich denke über den Kauf eines Smartphones für meinen Sohn nach. Ich werde diese Tipps befolgen, damit ich ihm zum richtigen Zeitpunkt ein Smartphone besorgen kann.
Man muss sich schon sehr mit dem Thema befassen, wie man das Handy korrekt einrichtet. Da gibt es Administrator-Apps und z.B. diesen sichern Kinder-Messenger aus der Sendung „die Höhle der Löwen“. Privalino heißt der. Es gibt sonst schon zu viele Gefahren in den Messenger-Apps und im Web. Ein ganz anderes Thema sind die Spiele-Apps. Gerade beim Thema Computerspiele weiß ich noch von mir selbst am Besten, dass man tatsächlich süchtig werden kann. Perfiderweise ist gerade die Kikaninchen-App so ein Kandidat mit Suchtfaktor. ????????
Stimmt schon. Wenn dann das Handy da ist, braucht es die entsprechenden Regeln, die klar und eindeutig sind. Werde das mal aufgreifen.
Hi Andreas,
oh ja – spannendes Thema.
Dabei ist de Frage, ob Smartphone oder nicht, ja erst der Anfang. Denn wenn das Ding da ist, kommen plötzlich ganz andere Fragen auf den Tisch, und zwar: Wann, wo, was und wie lange?
Die Smartphone-Nutzung entzieht sich nach viel mehr als z.B. noch beim Fernsehen oder beim Daddeln meiner elterlichen Wahrnehmung, so meine Erfahrung. Fernseher oder Computer stehen meistens irgendwo prominent und gut sichtbar rum. Das Smartphone ist aber schnell und unauffällig eingeschaltet. Es eignet sich zum Zwischendurch-Schauen,-Suchen,-WhatsAppen,-Daddeln usw. Und es verschwindet genauso unaufällig in der Hosentasche oder unter dem Vokabelheft, falls Papa oder Mama doch mal im Kinder-, äh Jugendzimmer vorbeischauen. Was sind die Lösungen? Überwachung-Apps, WLAN-Beschränkung oder gar altmodische Absprachen?
Das ist die Herausforderung, vor der wir wie – glaube ich – viele Eltern stehen.
Vielen Dank. Freut mich, dass er Dir gefallen hat.
Ein sehr schöner und wirklich gelunger Artikel zum Thema „Smartphone“ für Kinder! Daumen hoch ????